Warum brauchen Kinder einen geregelten Tagesablauf?

Ein verlässlicher Tagesablauf gibt Kindern Sicherheit. Sie lernen täglich Neues und sind vielen Sinneseindrücken ausgesetzt. Eine Struktur aus festen Abläufe etabliert Gewohnheiten, gibt Halt und schafft Vertrauen. Ein strukturierter Tagesablauf kann so der ganzen Familie Ruhe, Kraft und Zeit schenken. Ich berichte im heutigen Blogbeitrag von meine Erfahrungen mit unserem mal mehr, mal weniger strukturierten Familienalltag und welchen Nutzen wir alle davon haben.

Alles ist neu - Kinder lernen den ganzen Tag

Manchmal vergesse ich, wie viel meine drei Kinder täglich lernen. Sie gehen mittlerweile alle zur Schule, so dass Lernen ganz offiziell auf dem Programm steht. Doch alle Eltern wissen: Ab dem ersten Lebenstag ist das Lernpensum von Kindern zu jedem Zeitpunkt faszinierend groß. Sprache(n), Gestik und Mimik, Bewegungsabläufe, motorische Fertigkeiten, Regeln, soziale Beziehungen, die Frage nach der eigenen Identität – das alles und bestimmt viel mehr lernen unsere Kinder täglich zu Hause, im Kindergarten und in der Schule. Das Leben legt, anders als der Schulunterricht, dabei keine Pausen ein. Kinder lernen buchstäblich den ganzen Tag und verarbeiten nachts ihre Erlebnisse. Ich muss gestehen, dass ich manchmal ein bisschen neidisch bin, dass mein täglicher Lernerfolg deutlich bescheidener ausfällt.

Leben im Hier und Jetzt – den Kleinsten fehlt noch der Überblick

Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass meine Kinder täglich mit sehr viel mehr Unsicherheit zu zurechtkommen müssen als ich. Meine Arbeitstage halten zwar ab und zu Überraschungen bereit, doch im Großen und Ganzen weiß ich, was mich erwartet. Und, noch wichtiger: Ich bestimme meinen Tagesablauf selbst, zumindest den größten Teil davon! Babys  hingegen leben komplett im Augenblick, Kleinkinder haben dann schon eine Vorstellung vom grundlegenden Tagesablauf (Morgen, Mittag, Nachmittag, Abend, Nacht), und meine Grundschüler wissen nun schon, dass das Jahr 12 Monate und die Wochen sieben Tage hat.

Sichere Inseln für unsere Kinder

Gerade für Kleinkinder und Kinder im Kindergartenalter ist ein Tag also eine ganz schön unübersichtliche Angelegenheit. Eins steht fest: An jedem Tag werden sie mit Sinneseindrücken überschüttet. Neue Wörter, fremde Menschen, unbekannte Speisen, aufregende Gerüche, Auseinandersetzungen und Rollenspiele mit Altersgenossen, spannende Geschichten, Naturentdeckungen auf dem Weg zum Kindergarten: Das alles erleben Kinder. Wir Eltern wünschen uns, dass sie neugierig und wissbegierig in die Welt und offen auf andere Menschen zugehen. Das gelingt Kindern besonders gut, wenn sie sich sicher fühlen. Wenn sie Vertrauen in ihre engsten Bezugspersonen und ihre vertraute Umwelt haben. Wenn sie eine sichere „Homebase“ haben, auf die sie sich verlassen können und zu der sie zurückkehren können nach all der Unsicherheit eines normalen Kindertages. Der geregelte Tagesablauf gibt den Kleinen die nötige Sicherheit. Sie wissen, was sie erwartet und können ihre Alltagssituationen in diesem Rahmen besser verarbeiten.

Hier kenne ich mich aus: Bekanntes schafft Sicherheit

Und genau da kommt der geregelte Tagesablauf ins Spiel: Feste Abläufe und Gewohnheiten bilden einen verlässlichen Rahmen für all das Neue. Die Tätigkeiten, die wir ohnehin täglich erledigen (müssen), erfolgen nach einem gewohnten Schema und zu ungefähr den gleichen Tages- und Uhrzeiten. Das klingt für uns Erwachsene eventuell langweilig. Aus Sicht eines Kindes entsteht so aber ein Stück Bekanntes. So können Kinder ihre Energie dafür verwenden, selbständig den Teil der Welt zu erkunden, der für sie noch neu ist.

Du bist skeptisch und findest, dass das nach fadem Alltag klingt? Ich verstehe Dich gut! Ich bin ein unternehmungslustiger Mensch und lasse mich ungern von zu vielen Regeln festbinden. Aber: Ein geregelter Alltag schafft Ordnung und vor allem Gewohnheiten bei den lästigen Aspekten des Lebens, die nicht interessant, aber schlicht notwendig sind. So bleibt Kraft für alle spannenden Themen! Durch geregelte Tagesabläufe gewöhnen sich Körper und Kopf an bestimmte Abläufe. So wird es für die Kinde viel einfacher, diese täglich zu erledigen, ganz ohne große Kämpfe.

Tagesablauf ganz konkret: So machen wir‘s

Um ganz konkret zu werden:

• Wir hatten immer feste Schlafenszeiten.
  Meine Kinder mussten auch schon immer zu einer festen Zeit aufstehen, da mein Mann und ich berufstätig sind und Arbeitszeiten haben. Dank der verlässlichen Zeiten sind sie abends müde und morgens, nach einer gewissen Aufwärmphase, die bei jedem Kinder unterschiedlich lang ist, wach und ausgeschlafen.

• Morgens gibt es einen festen Ablauf:
  Aufstehen, anziehen, frühstücken, Müslischale abräumen, Zähne putzen, Haare kämmen Brotdose und Wasserflasche einpacken, Schuhe und Jacke an und los.

• Abends geht es genauso „automatisch“:
  Umziehen, waschen, Zähne putzen, Klamotten für den nächsten Tag rauslegen; dann lesen und kuscheln wir gemeinsam und dann wird geschlafen.

Feste Abläufe schaffen Raum und Zeit für das Wesentliche im Leben

Das klingt in Deinen Ohren möglicherweise so, als hätten wir unsere Kinder zu Robotern erzogen. Ich kann aber Entwarnung geben: Meine Kinder erledigen diese Tätigkeiten nicht maschinenartig oder in Trance. Während sie all das tun (und wir übrigens parallel unseren alltäglichen Aufgaben wie Brote schmieren und Wäsche falten nachgehen) unterhalten wir uns, sprechen über das, was heute in der Schule passieren könnte, was wir am Nachmittag machen, wer heute Geburtstag hat, wir hören Vokabeln ab, organisieren ein Treffen mit Freunden am Nachmittag, üben nochmal das Gedicht für Deutsch, reden darüber, welches Geschenk zum Kindergeburtstag am Wochenende verschenkt werden soll usw. Es tobt also das pralle Leben durch das starre Gerüst unserer geregelten Abläufe. Und genau das ist das Tolle daran: Wir müssen gar nicht darüber reden und schon gar nicht streiten, ob die Zähne geputzt werden sollen oder was die Kinder anziehen. Stattdessen sprechen und diskutieren und manchmal streiten wir auch über die Dinge, die uns wirklich wichtig sind. Wir erfahren etwas über die Gefühle unserer Kinder, welche Freunde sie haben und was sie gerade auf dem Pausenhof spielen. Wir lachen uns scheckig über ihre Anekdoten und freuen uns gemeinsam auf die Wanderung mit Opa am Wochenende. Beim allabendlichen Vorlesen lassen wir den Tag Revue passieren und wir Eltern können in diesem Moment voller Vertrauen und Zuneigung ganz viel über das aktuelle Seelenleben unserer Kinder erfahren. Die festen Abläufe geben uns Raum und Zeit dafür.

Der strukturierte Tagesablauf ist auch für uns Eltern wichtig!

Mir persönlich gibt unsere Struktur im Tagesablauf auch Gelassenheit. Ich bin ein temperamentvoller Mensch. Ich möchte meinen Kindern gegenüber aber nicht laut werden (ich tue es leider trotzdem von Zeit zu Zeit). Die festen Abläufe geben mir das gute Gefühl, dass wir an alles Wichtige gedacht haben und dass alle pünktlich fertig werden. Ich bleibe also entspannt und ruhig. Davon profitieren wir alle.

Meine Kinder haben noch einen anderen Nutzen: Sie wissen genau, dass sie viele Dinge schon ganz allein können. Die oben genannten Tätigkeiten und andere Alltagsabläufe bleiben über Jahre gleich. Es ändert sich jedoch das Maß der Selbständigkeit, mit dem die Kinder nach und nach Teile der Aufgaben und zum Schluss die ganze Aufgabe übernehmen. Früher haben wir sie angezogen; heute wählen sie am Abend selbst ihre Kleidung aus und ziehen sie morgens selbständig an. Das entlastet nicht nur uns Eltern, sondern gibt meinen Kindern auch Selbstbewusstsein. Es etabliert auch gute Gewohnheiten: Unsere große Tochter hört nach wie vor gern beim Vorlesen am Abend zu, liest aber im Anschluss dann noch selbst in ihrem Buch.

Zusammengefasst: Was ist das Ziel von strukturierten Tagesabläufen?

Das Ziel von einem strukturierten Tagesablauf ist es also nicht, ein „braves Kind“ zu erschaffen, das willenlos den Anweisungen folgt. Vielmehr geht es darum einen verlässlichen Rahmen zu etablieren, der gute Gewohnheiten fördert und Zeit und Raum für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens entstehen lässt.

Noch ein wichtiger Tipp zum Schluss: Entwickle zusammen mit Deiner Familie einen Tagesablauf, der für Dich und für alle in der Familie passt. Das Ganze soll kein Korsett sein, das euch unfrei macht, sondern ein System, das euch entlastet und entspannt. Im Lauf der Zeit müssen die Tagesabläufe natürlich auch an die älter werdenden Kinder und neue Aspekte (Hobbys, Freunde, Haustiere, andere Stundenpläne, andere Arbeitsstellen) angepasst werden.

Und wie bei allem gilt: Auch mal Fünfe grade sein lassen. An manchen Tagen läuft einfach nix wie es soll. Dann ist es halt so. Morgen ist ein neuer Tag!

Und noch ein weitere Tipp: Oft helfen beim Strukturieren der Tagesabläufe kleine Helfer, um Rituale zu etablieren. Zum Beispiel ein Schmusetuch  zur Schlafenszeit oder eine Schmusedecke für Ruhephasen. An turbulenten Tagen sind vertraute Lieblingsbücher eine wunderbare Unterstützung, um Ruhe und Sicherheit zu vermitteln. In unserem Shop findest Du einige Ideen, die Du zusätzlich mit dem Namen des Kindes personalisieren kannst.

Viel Spaß beim Entwickeln Eures ganz eigenen Tagesablaufs!

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